Miteigentümer mehrerer Wohnungen: Wie viele Stimmen in der Eigentümerversammlung?

Die Eigentumsverhältnisse in einem Haus mit Eigentumswohnungen können mitunter kompliziert sein. Eine Wohnung kann einem Ehepaar gemeinsam gehören, eine Andere kann zwei Partnern je zur Hälfte gehören und eine Dritte Wohnung gehört vielleicht jemandem, der Miteigentümer einer weiteren Einheit im Haus ist. Wie berechnen sich hier die Stimmen in der Eigentümerversammlung?

Die Eigentumsverhältnisse in einem Haus mit Eigentumswohnungen können mitunter kompliziert sein. Eine Wohnung kann einem Ehepaar gemeinsam gehören, eine Andere kann zwei Partnern je zur Hälfte gehören und eine Dritte Wohnung gehört vielleicht jemandem, der Miteigentümer einer weiteren Einheit im Haus ist. Wie berechnen sich hier die Stimmen in der Eigentümerversammlung?

Karlsruhe. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz hat jeder Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung eine Stimme – auch dann, wenn ihm mehrere Wohnungen gehören. Abweichungen von diesem sogenannten Kopfstimmenrecht können in der Teilungserklärung festgelegt werden. Ist das nicht geschehen, bedeutet das: Wenn mehrere Wohnungen nur teilweise identischen Miteigentümern gehören, haben die Eigentümer jeder Wohnung je eine Stimme.

Das gilt auch, wenn der Miteigentümer einer Wohnung zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist. Auch wenn eine der Wohnungen ganz oder anteilig verkauft wird, ändert sich am Kopfstimmenrecht nichts. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden (Urteil vom 20.11.2020, Az.: V ZR 64/20). Mit der Entscheidung regelten die Bundesrichter den Streit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die aus einem Haus mit drei Wohneinheiten besteht.

Verzwickte Miteigentümerstrukturen

Die erste Wohneinheit gehört einem Miteigentümer und einer Miteigentümerin je zur Hälfte. Die zweite Wohneinheit gehört ihren Eigentümern gemeinsam. Die dritte Wohnung gehört allein jener Dame, die auch Miteigentümerin der ersten Wohnung im Haus ist. Der Streit entzündete sich an der Bestellung eines Verwalters. Die beiden Miteigentümer der ersten Wohnung luden ihre Nachbarn zu einer Eigentümerversammlung ein, in der ein neuer Verwalter bestellt werden sollte.

Die Nachbarn kamen nicht, die Miteigentümer der ersten Wohnung – und mithin auch die Alleineigentümerin der dritten Wohnung – hielten die Versammlung allein ab und bestellten einen Verwalter. Damit waren die Eigentümer zweiten Wohnung nicht einverstanden und zogen vor Gericht. Sie meinten, die Nachbarn hätten gar nicht zur Eigentümerversammlung einladen dürfen und außerdem sei in der Versammlung die nötige Mehrheit für die Bestellung des Verwalters gar nicht erreicht worden. Ihre Nachbarn hätten nämlich zusammen nur eine Stimme.

Eigentümer nicht identisch: Drei Wohnungen, drei Stimmen

Mit dieser Ansicht scheiterten sie aber in Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied: Die Miteigentümer der ersten Wohnung hatten zwei Stimmen, die gemeinschaftlichen Eigentümer der zweiten Wohnung jedoch gemeinsam nur eine Stimme. Denn: Die Teilungserklärung sah keine gesonderte Regelung vor, es galt also das Kopfstimmenrecht aus dem Wohnungseigentumsgesetz. Unter diesen Umständen kommt es laut BGH für die Anzahl der Stimmen darauf an, ob die Eigentümer verschiedener Sondereigentumseinheiten identisch sind.

Andernfalls würde entweder das Stimmrecht des anderen Miteigentümers für die gemeinsame Wohnung oder das Stimmrecht der Alleineigentümerin der anderen Wohnung übergangen. Das wäre mit dem Wohnungseigentumsgesetz nicht zu vereinbaren, fand schon die Vorinstanz. Der BGH sah es genauso. Demnach waren im vorliegenden Fall also die Eigentümer der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 3 nicht identisch und hatten mithin jeder eine Stimme. Eigenmächtig zu einer Eigentümerversammlung einladen durften sie allerdings nicht, schreibt der BGH.

Auf eigene Faust zur Eigentümerversammlung einladen geht nicht

Es war kein Verwalter bestellt und einen Verwaltungsbeirat gab es auch nicht. Daher können nur alle Eigentümer des Hauses gemeinsam zu einer Versammlung einladen – es sei denn, einer von ihnen erwirkt einen Gerichtsbeschluss, der die Anderen zur Versammlung zwingt. Das war hier aber nicht geschehen. Trotz der eigentlich unzulässigen Einladung waren die Beschlüsse der Versammlung aber nicht ungültig, befand der BGH. Denn: Eine solche Entscheidung erübrigt sich, wenn sich bei korrekter Einladung am Beschlussergebnis nichts geändert hätte.

Und so war es hier: Selbst wenn die Eigentümer der zweiten Wohnung die Einladung für korrekt gehalten und an der Sitzung teilgenommen hätten, wäre der Beschluss über die Bestellung des Verwalters genauso getroffen worden. Denn mit ihrer einen Stimme wären die Eigentümer der zweiten Wohnung in der Minderheit geblieben, die nötige Mehrheit für den Beschluss zustande gekommen. Die Nachbarn hatten ja zwei Stimmen. Das Urteil zeigt auch: Wenn der Miteigentümer einer Wohnung eine weitere Wohnung im Haus allein kauft, erhält er ein größeres Stimmgewicht in der Eigentümerversammlung. Das hat der BGH explizit klargestellt.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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