Eigentümerversammlung: Muss der Verwalter Online-Teilnahme anbieten?

Eigentümerversammlung: Muss der Verwalter Online-Teilnahme anbieten?

Wohnungseigentümer können beschließen, dass bei ihren Eigentümerversammlungen grundsätzlich auch eine hybride Durchführung möglich ist. Einzelne Teilnehmer können dann online an der Sitzung teilnehmen, die jedoch weiterhin in Präsenz stattfindet. Aber muss ein WEG-Verwalter in seiner Einladung zur Versammlung auf die Möglichkeit einer digitalen Teilnahme hinweisen?

Wohnungseigentümer können beschließen, dass bei ihren Eigentümerversammlungen grundsätzlich auch eine hybride Durchführung möglich ist. Einzelne Teilnehmer können dann online an der Sitzung teilnehmen, die jedoch weiterhin in Präsenz stattfindet. Aber muss ein WEG-Verwalter in seiner Einladung zur Versammlung auf die Möglichkeit einer digitalen Teilnahme hinweisen?

Karlsruhe. Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen Grundlagenbeschluss gefasst hat, der eine hybride Durchführung der Eigentümerversammlung ermöglicht, hat das keine Folgen für die Einladungsmodalitäten: Der WEG-Verwalter muss in seiner Einladung zur Eigentümerversammlung nicht vorsorglich darauf hinweisen, dass man auch online teilnehmen kann. Schon gar nicht muss er eventuelle technische Hinweise dazu geben. Erst wenn einer der eingeladenen Eigentümer seinen Wunsch bekundet, online teilzunehmen, muss der Verwalter ihm das ermöglichen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden  (Urteil vom 20.09.2024, Az.: V ZR 123/23).

Damit klärten die Bundesrichter den Streit einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) aus Mittelfranken. Dort hatte man im März 2022 – also während der Corona-Pandemie – eine Eigentümerversammlung abgehalten. Diese fand nach den damals geltenden Regeln zum Infektionsschutz unter sogenannten 2G-Bedingungen statt. Es durften also nur bereits geimpfte oder genesene Personen in Präsenz an der Versammlung teilnehmen. Die Gemeinschaft hatte allerdings bereits zuvor einen Grundlagenbeschluss getroffen, welcher die Durchführung von hybriden Eigentümerversammlungen erlaubte, bei denen einzelne Eigentümer nur online zugeschaltet wären.

Verwalter musste Online-Teilnahme nicht vorsorglich anbieten

Trotzdem hielt man die fragliche Sitzung im März 2022 jedoch ausschließlich in Präsenz ab – es nahm niemand digital teil. Eine Miteigentümerin, welche die 2G-Kriterien nicht erfüllte und daher nicht in Präsenz teilnehmen konnte, zog anschließend vor Gericht, um die Annullierung der Eigentümerversammlung zu erreichen. Sie ging davon aus, dass die Einladung zur Versammlung nicht ordnungsgemäß erfolgt war, weil darin keine Möglichkeit zur digitalen Teilnahme an der Sitzung angeboten wurde. Doch handelte es sich dabei wirklich um einen Ladungsfehler? Diese Frage bejahte das Amtsgericht Fürth, es erklärte die Beschlüsse der Versammlung für nichtig. Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte dieses Urteil.

Doch der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Sache anders, hob das Urteil auf und verwies den Fall zur abschließenden Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Die Bundesrichter stellten fest: Die Ladung zur Eigentümerversammlung war nicht fehlerhaft. Der Verwalter musste nicht darauf hinweisen, dass eine digitale Teilnahme an der Sitzung möglich war. Vielmehr müssten Wohnungseigentümer aktiv von ihrem Recht auf eine Online-Teilnahme Gebrauch machen. „Der Verwalter kann dieses Verlangen abwarten und muss die Online-Teilnahme auch dann nicht von sich aus (vorsorglich) anbieten, wenn ein Wohnungseigentümer ihm mitteilt, dass er an der Versammlung nicht physisch teilnehmen kann“, heißt es in dem Urteil.

Hybride Eigentümerversammlung: Online-Teilnahme selbst einfordern!

Ganz abgesehen davon machte der BGH die Vorinstanzen darauf aufmerksam, dass eine tatsächlich fehlerhafte Ladung zur Eigentümerversammlung ohnehin nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der von der Versammlung getroffenen Beschlüsse geführt hätte. Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof den WEG-Verwaltern das Leben erleichtert, weil eine mögliche Quelle für formale Fehler in der Einladung ausgeräumt wurde.  Eigentümer müssen nunmehr jedoch wissen, dass es ihrer eigenen Verantwortung obliegt, sich ihre digitale Teilnahme an der Eigentümerversammlung durch rechtzeitige Information des Verwalters zu ermöglichen.

Übrigens ist die hybride Eigentümerversammlung inzwischen – anders als im Jahr 2022 – nicht mehr die einzige Alternative zur reinen Präsenzveranstaltung. Seit Oktober 2024 ist auch die rein digitale Durchführung von Eigentümerversammlungen möglich. Allerdings ist die Hürde hierfür relativ hoch: Die Eigentümer müssen mit einer Dreiviertelmehrheit beschließen, reine Online-Versammlungen abhalten zu wollen. Diese Beschlüsse gelten dann aber auch nur für einen Zeitraum von zwei Jahren und müssen anschließend, sofern mehrheitlich gewünscht, erneut gefasst werden. Die hohe Hürde soll jene Eigentümer schützen, denen eine Teilnahme an einer rein digitalen Sitzung nicht möglich wäre.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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